20 Grad Unterschied am Tag: Wir passen uns an!

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  • Post last modified:Mai 5, 2021
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Einer meiner guten Freunde ist von Montag bis Freitag mit dem Lastwagen unterwegs. Um genauer zu sein mit dem Betonpumpenwagen. Wir haben nie über die korrekte Bezeichnung des Lastkraftwagens gesprochen. Auf jeden Fall ist er mit dem Betonpumpenwagen in der Lage vom Betonmischwagen antransportierten Beton an stellen zu pumpen, die sonst nur schwer zu erreichen wären. Also nicht Pumping Iron wie es Arnold Schwarzenegger gerne macht, sondern Pumping Beton.

Wir starten früh morgens aus dem Cockpit des Betonpumpenlastkraftwagens

Wir befinden uns erstmal im Bauwesen und um etwas konkreter zu sein auf der Baustelle. Keine Sorge, wir werden nicht die ganze Zeit an der Baustelle verweilen. Im Gegensatz zum gemütlichen Büro startet dort jedoch die Arbeit meistens sehr zeitig in der Früh. Das soll nicht bedeuten, dass Büromenschen Langschläfer sind. Aber Gleitzeit ist halt etwas suboptimal auf der Baustelle, denn wenn der Maurer um 6:30 Uhr auf den Beton wartet, der Betonmischwagenfahrer aber beschließt heute mal etwas gemütlicher zu starten und an seinem dritten französischen Buttercroissant kaut, dann wird es irgendwie schwierig mit dem Vorhaben voranzukommen.

Peter – der Name des Betoniervorhabenunterstützers – gibt mir manchmal einen morgendlichen Statusbericht aus dem Betonpumpenlastkraftwagen. Da ich als Einpersonenunternehmer die meiste Zeit alleine und von zu Hause arbeite, ist das quasi unser morgendlicher Kaffeetratsch.

20 Grad Unterschied am Tag – wir müssen uns danach richten

Der fünfte Monat im Jahr ist angebrochen, und schön langsam fragen wir uns irgendwie wann diese regelmäßigen Kaltfronten ein Ende nehmen. Es ist schon faszinierend, dass man im Mai die gleiche Kleidung wie im Dezember trägt. Aber wir Menschen passen uns an, wenn wir denn müssen, und versuchen Dinge um uns zu ändern, wenn wir denn können.

Peter erzählt mir von Minusgraden am Morgen und erwarteten 20 Grad am Nachmittag, während ich mir zu Hause gemütlich den zweiten Kaffee zubereite. Zubereiten bedeutet übrigens, dass ich auf einen Knopf drücke und ab und an mal frisch gefiltertes Leitungswasser nachfülle.

Ich erinnere mich an die Zeit, die ich auf Bali verbracht habe. Nicht nur, weil das Kaffeezubereiten etwas mehr Zeit in Anspruch nahm und ich mir diese Zeit auch gönnte. Auch wegen des Wetters unserem Lieblingsthema in unseren Breitengraden. Das Wetter und die Temperaturen waren dort eigentlich nie Thema. Bei uns ist das Wetter ständig ein Thema. Warum wohl?

Man sagt, wir Österreicher und Deutschen lieben es zu jammern. Das Wetter ist etwas was wir – im Gegensatz zum Klima so sagt man – nicht wirklich beeinflussen können. Es verbindet uns, da es jeden betrifft.

Natürlich, lässt sich kalter Regen etwas einfacher aushalten von einem Penthouse mit beheiztem Wintergarten, als von oben bis unten durchnässt als Zeitungsverkäufer an der Straße.

Meistens betrifft uns das Wetter jedoch trotzdem alle. Uns alle, die wir an einem und denselben Ort sind. Natürlich ändert sich das auch, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass viele Berufe bereits jetzt und in der Zukunft ortsunabhängig ausgeführt werden können. Das heißt, während es bei meinen Arbeitskollegen regnet und kalt ist, kann es bei mir sommerlich warm sein. Remote Work und Location Independent Lifestyle nennt sich das. Man benötigt dazu nur einen Computer, Internetzugang und die passende Beschäftigung oder Selbständigkeit mit entsprechendem Business Konzept und Kundenstamm.

Für Peter wird das aber schwierig sein. Es wird noch einige Jahre dauern bis er in der Lage ist vom Sonnenstuhl der Karibik den Betonpumpenlastkraftwagen im Land hinter dem Land – also dem Hinterland – zu steuern. Dann stellt sich auch die Frage, ob er das denn überhaupt möchte. Weil, in der Karibik, da schlürft man neben dem Betonpumpenlastkraftwagensteuerungsgerät alleine an seiner Kokosnuss, während die Kollegen sich gemeinsam und schmutzig bei lustigem Tratsch bzw. gemeinsam und lustig bei schmutzigem Tratsch an einem frisch zubereiteten Heißgetränk der Bauherrschaft erfreuen.

Anmerkung: Ich habe zuerst Bauherrin geschrieben, aber da müssen wir wegen Emanzipierung und Gender und so doch etwas achtgeben.

Eigentlich sind wir es gewohnt uns immer anzupassen, aber ist das immer gut so?

Zurück zum Thema, mit dem ich noch gar nicht wirklich begonnen habe. Wir leben in einer Klimazone, in der es viele Monate durchwegs kalt ist – zumindest in den frühen Morgenstunden. Insbesondere in den Sommermonaten erhöht sich im Laufe des Tages die Temperatur um ein vielfaches.

Wir passen uns also ständig an diese Gegebenheiten an. 20 Grad Unterschied und mehr innerhalb von 24 Stunden sind quasi als normal anzusehen.

Ich erinnere mich wieder zurück an meine wunderschöne Zeit in tropischem Gefilde. Wissen die Menschen die permanent dort Leben was es mit einem macht, wenn das Wetter um einen herum macht was es will.

Ich lasse meine Gedanken weiter schweifen. Es ist nicht nur die Temperatur und das Wetter. Es ist auch alles andere. Manchmal ist es gut, wenn die Dinge konstant und fix im Leben sind. Man kann sich darauf verlassen. Man muss sich nicht anpassen. Es ist wie es ist und es ist immer gleich.

Sorgenfreiheit pur

Aber!

Auf der anderen Seite könnte man aber auch sagen, dass man abstumpft. Man verliert jeden Ansatz an Kreativität. Wenn alles im Leben konstant wäre, dann wäre es wohl auch ziemlich langweilig. Egal wie sehr man sich nach Abwechslung sehnt. Es ist wie es ist und es ist immer gleich.

Langeweile pur

Letzten Endes weiß ich nicht, was besser ist. Nach monatelangem Winter, sehnt man sich nach Sommer. Nach monatelanger Hitze, freuen sich viele auf die lang erwartete Abkühlung. Ob es gut ist, sich so oft nach etwas zu sehnen, dass man im Moment nicht greifbar ist.

Die berühmte goldene Mitte

Wie immer ist es diese goldene Mitte. Wer sich diese Phrase wohl ausgedacht hat. Goldene Mitte. Wir benötigen bestimmt beides im Leben. Die geliebte Stabilität und Sicherheit. Die Beständigkeit, auf die wir uns verlassen können und auf der wir uns ausruhen dürfen.

Nicht nur beim Wetter kann es sehr entspannend sein zu wissen, dass es stabil bleibt. Keine Investition von Zeit, Geld, Energie in den Backupplan, sollte doch der unerwartete Sturm auf uns zukommen. Wir können uns darauf verlassen dass es passt. Es tut gut.

Sich nicht anpassen zu müssen erlaubt es einem seine Energie woanders einsetzen zu können. Oder für die ganz mutigen bedeutet es einfach weniger Energie zu verbrauchen. Wir haben Traditionen, Rituale, Arbeitsabläufe. Wir sind in unserer Komfortzone. Es ist nicht damit zu rechnen, dass wir uns an das Unvorhergesehene anpassen müssen.

Die zwei Seiten der Medaille und unser streben nach mehr

Aber wie war das nochmals mit der Medaille? Es gibt immer zwei Seiten. Denn wir schaffen auch großartiges, weil wir uns anpassen müssen. Wir streben nach Lösungen, wir streben nach Veränderung und Entwicklung. Alles ist im Fluss und verbraucht Energie aber erzeugt auch Energie. Somit hat es ja auch was Gutes. Auch wenn ich persönlich auf diese Schwankungen verzichten könnte, sehne ich mich doch so sehr nach einer inneren und äußeren Balance.

Peter erfreut sich an einem kalten Morgen an dem heißen Kaffee in der Thermoskanne. Er freut sich über die Sitzheizung im Winter, und die Klimaanlage im Sommer, genauso sehr wie über den klappbaren und mobilen Sonnenstuhl samt Sonnenschirm für die sommerliche Mittagspause, als auch die beheizbaren Einlagen für die Winterschuhe. Hätte es konstant 20 Grad, egal zu welcher Tages-, Nacht- und Jahreszeit, dann hätten wir vieles davon gar nicht. Ob das wiederum gut oder schlecht ist, ist eine andere Geschichte.

Die Radiosprecherin im Hintergrund freut sich auch. Sie darf nämlich verkünden, dass wir bereits 17 Grad erreicht haben. Temperatur weiterhin steigend. Die 20 Grad werden wir heute noch erreichen. Da freue ich mich auch und berichte Peter von den guten Nachrichten.

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